25. März 2012
Konzert „Auf Flügeln des Gesanges“

Entdeckungen auf Flügeln des Gesanges
Lieder, Arien und Gesänge im Hirsvogelsaal Nürnberg

Der Hirsvogelsaal (1534) mit der reich verzierten Wandvertäfelung gilt als bedeutendster Renaissance-Innenraum nördlich der Alpen und eignet sich hervorragend für kleine aber feine Konzerte. Dem Nürnberger Kulturbeirat zugewanderter Deutscher gelang es mit der Wahl dieses Spielortes und einem Repertoire mit Georg Meyndt- Liedern am 25. März auch Zuhörer wie Dr. Werner Kügel, den Präses des Pegnesischen Blumenordens e.V., einzige Sprach- und Literaturgesellschaft aus der Barockzeit, die ununterbrochen weiter besteht und ihren Sitz in Nürnberg hat, zu gewinnen. Georg Meyndt (1852-1903), gilt nämlich als einer der ersten und bedeutendsten siebenbürgischen Mundart-Liederdichter. Viele seiner Lieder wurden zu echten Volksliedern, die in ganz Siebenbürgen gesungen wurden. Kunstlieder, Arien und Gospels rundeten den Abend ab und begeisterten das Publikum.

Der Pop- und Gospelchor „Rhythm & More“ aus Seukendorf, der begeisterte Sänger vereint, die aus mehreren Ländern zugewandert sind, wurde nach einer Pause, in der das Publikum mit einem Glas Wein verwöhnt worden war, herrlich locker und beschwingt aufgenommen: Die Zuhörer klatschten rhythmisch mit, u. a. beim Traditionel „Joshua fit the battle of Jericho“ und „Freedom is Coming“, einem Traditionel aus Südafrika. Weit bekannt auch „Change the World“ mit Text und Melodie von Eric Clapton. Nach zehn Gesängen, deren Botschaft pure Lebensfreude war, wie Horst Göbbel in seiner Dankesrede meinte, verlangte das Publikum noch eine Zugabe, die der Chor unter der Leitung von Tanja Lautermilch freudig gewährte. Die studierte Chorleiterin stammt aus Frunse (heute: Bischkek), der Hauptstadt von Kirgisistan, lebt seit 1996 in Deutschland und leitet mehrere Chöre.

Aus Kirgisien stammt Sopranistin Katharina Jungkind, die ihre gesangliche Ausbildung in Dinkelsbühl begann und an der Hochschule für Musik Freiburg i. Br. Gesang studiert hat. Ihr Lied-Repertoire umfasst die russische, deutsche, französische, englische und spanische Musikliteratur mit Werken von Schubert, Rachmaninoff, Tschaikowsky u.a. Im Bereich der Oper liegt ihr Schwerpunkt auf Komponisten wie Gounod, Puccini, Verdi, aus deren Werken sie sich mit einigen Arien, darunter auch “Je veux vivre” aus der Oper „Roméo et Juliette“ von Charles Gounod, stimmgewaltig professionell und charmant in die Herzen der Zuhörer sang. Die Arie der Lauretta “O mio babbino caro” aus der Oper „Gianni Schicchi“ von Giacomo Puccini brachte sie auch als Zugabe strahlend und mit klangvoll sicherer Stimme. Sie wurde von Veronika Eismont am Klavier begleitet. Die Pianistin ist in Russland geboren und unterrichtet hier am musischen Gymnasium Carolinum in Ansbach. Sie ist Mitglied des Damenorchesters „Salon Melange“ und tritt regelmäßig auf, u.a. in der Komödie Fürth. Auch trug sie ihre Soli am Klavier, Pjotr Iljitsch Tschaikowskis „Romanze f-Moll op.5“ und Frédéric Chopins „Fantasi-Impromptu cis-Moll“ berührend und virtuos vor.


Die Siebenbürger Sächsin Ilse Maria Reich, als Organistin bekannt, erhielt ihre Ausbildung in Rumänien, Prag, Essen sowie Hannover und leitet seit 1997 die „Siebenbürgische Kantorei“. Die Teilnahme an Festivals und Orgelwochen, ihre Einspielungen, ihre Technik und ihr Stilwissen machten sie international bekannt. In Deutschland leitete sie eine Musikschule. In diesem Konzert begleitete sie ihren Sohn Christoph am Klavier, der mit dem Lied „Auf Flügeln des Gesanges“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy (Text: Heinrich Heine) begann, das dem Konzert den Namen gegeben hatte. Bariton Christoph Reich wurde 1963 in Hermannstadt geboren und singt seit seinem zwölften Lebensjahr regelmäßig in Chören. Seine ersten solistischen Auftritte hatte er mit 20 in Bukarest. Nach dem Theologiestudium setzte er seine Gesangsausbildung fort. Im Mittelpunkt seiner Beschäftigung mit dem Lied stehen die beiden großen Romantiker Franz Schubert und Robert Schumann, von denen er vier Lieder meisterhaft und mit viel Gefühl vortrug. Außerdem sang er Lieder seines Ururgroßvaters, des Mundartdichters und Liedkomponisten Georg Meyndt im sächsischen Dialekt. Professor Heinz Acker hat diese Lieder auch für Sologesang und Klavier bearbeitet. Dabei zeigt es sich, dass sie mit ihrer Mischung von Volksliedhaftem und höchst feinsinnig Kunstvollem in ihrer neuen Fassung den Ansprüchen gehobener Kunstmusik entsprechen. Der Solist begeisterte mit seinem einfühlsamen Bariton, als er „Det Brännchen“, „Treißig Krezer“, „Det Motterhärz“, „Säht, wä hiesch“, „En gat Lihr“ und „Det Gläck“ vortrug und eine nahezu entschwundene Welt ansprach, die das Publikum aufgrund der einfachen tief menschlichen Themen sehr berührte. Im Anschluss an das Konzert, das in stimmungsvoller Atmosphäre mit Dankesworten von Horst Göbbel und der herzlichen Übergabe von Frühlingsblumen an die Künstler durch Melitta Zakel, der Organisatorin des Konzertes, endete, erklärte Dr. Werner Kügel, beeindruckt auch von dem großartigen Auftritt Katharina Jungkinds, was ihn ganz besonders bewegt hat: „Herr Reich hat eine angenehme Stimme, in der man sich baden kann. Sie ist besonders gut geeignet, diese zu Herzen gehenden und gleichzeitig sehr heiteren Lieder von Georg Meyndt vorzutragen. Solche Entdeckungen bedeuten mir sehr viel!“

Doris Hutter