Siebenbürgen und seine Deutschen: Die Siebenbürger Sachsen

Im 12. Jahrhundert folgten deutsche Siedler (vorwiegend aus dem Rhein-Mosel-Luxemburg-Gebiet) dem Ruf des ungarischen Königs Geisa II. (1141-1161) in den Karpatenbogen. Dort fanden sie Heimstätte und schufen in 850 Jahren eine blühende Kulturlandschaft. Im „Goldenen Freibrief“ von König Andreas II. (1224) wurden ihnen Rechte verliehen, die ihre Freiheit und ihre Lebensgrundlagen sicherten. In Siebenbürgen, das sie gegen den Ansturm verschiedener Eindringlinge (etwa Tataren und Türken) verteidigten, bauten sie eine Frühform eines republikanisch-demokratischen Gemeinwesens auf.

Die Tartlauer Kirchenburg als eine von ursprünglich rund 250 siebenbürgischen Kirchenburgen steht für eine der großen kulturhistorischen Leistungen der Siebenbürger Sachsen.

Diese Bauwerke sind Zeugnisse des jahrhundertealten, insgesamt erfolgreichen Behauptungswillens gegen vielfach zu bestehende Widrigkeiten, insbesondere gegen die Überfälle der Türken vom 14. bis 17. Jahrhundert.

Ihre Bauweise lässt ebenso wie die sonstigen Grundlagen des Gemeinwesens der Siebenbürger Sachsen deutlich erkennen, dass die Siebenbürger Sachsen über Jahrhunderte Deutsche geblieben sind.

Die Vermittlung hochentwickelter Agrotechnik und deutschen Zunftwesens war ihnen eigen, ebenso die Ausbildung von Akademikern, besonders Lehrer und Theologen, an deutschen Universitäten, geschlossenes Übertreten zur Reformation Luthers unter Reformator Johannes Honterus (1498-1549), friedliches Zusammen- bzw. Nebeneinanderleben mit den anderen in Siebenbürgen lebenden Völkern (Rumänen, Ungarn, Szekler, Roma, Juden…), strikt eingehaltenes Toleranzgebot oder Loyalität gegenüber der jeweiligen Landesherrschaft (bis 1526 Königreich Ungarn, ab 1689 Habsburgisches Kaiserreich, ab 1867 Österreich-Ungarn, ab 1918 Königreich Rumänien, nach 1945/47 das kommunistische Rumänien, ab 1989 Republik Rumänien). Herausragende Leistungen im Bereich Bildung und Wissenschaft kennzeichnen ihr fruchtbares Wirken, z.B. frühe Einführung von Volksschulen – vereinzelt ab dem 16. Jahrhundert, flächendeckend schon ab dem 17. Jahrhundert (jede Pfarrei hatte auch eine Schule für Jungen und Mädchen) – oder Hermann Oberth, genannt „Vater“ der Weltraumfahrt u.a.m.

Die Enteignung, Entrechtung, Deportation im Gefolge der Kriege und Wirren des 20. Jahrhunderts, der unaufhaltsame Angriff auf ihre Sprache und deutsche Identität – besonders durch die kommunistische Ceauşescu-Diktatur – haben die Siebenbürger Sachsen ihrer Heimat entfremdet und den Drang nach Rückkehr in die deutsche Urheimat als Ausweg aus der Unfreiheit verstärkt. Besonders die Aussiedlung in den Jahren ca. 1970-1995 hat sie vor der befürchteten Romanisierung und damit ihrem Niedergang als siebenbürgisch-sächsische und somit deutsche Gemeinschaft gerettet. Siebenbürger Sachsen leben derzeit mehrheitlich in Deutschland, Österreich, Rumänien, den USA und Kanada.

Die heute nahezu 100 Kirchenburgen in gutem und z.T. in sehr gutem Zustand blieben nach der Aussiedlung der Siebenbürger Sachsen als Treuhandeigentum der Weltkultur und dem Bewusstsein der Europäer, besonders jedoch auch dem rumänischen Staat anvertraut und werden – zusammen mit weiterem wertvollen Kulturgut – von in Deutschland entstandenen Heimatortsgemeinschaften mit Unterstützung Rumäniens, der Bundesrepublik Deutschland und der EU renoviert und in einigen Fällen neuen Bestimmungen zugeführt.

Horst Göbbel

Homepage: Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V.

zurück