8. Mai 2019
Filmvorführung und -diskussion: Transilvania mea

Das unbekannte Siebenbürgen

Transilvania mea – Von Gewinnern und Verlierern in Nürnberg gezeigt

Die Erinnerungen der Siebenbürger Sachsen an die Heimat Siebenbürgen ist manchmal auch bitter, meistens aber von einbindender Fürsorge und Gemeinschaft, bescheidenem Wohlstand, funktionierendem Kulturleben, Respekt von den mitlebenden Menschen geprägt, also schön. Nun produziert Fabian Daub, ein bundesdeutscher Regisseur, wegen katastrophaler Ereignisse aufmerksam geworden auf Siebenbürgen (s. Film Roşia Montană – Dorf am Abgrund), einen Film, der eine ganz andere Seite des uns so vertrauten Siebenbürgens zeigt.

Der Saal im Nürnberger Casablanca-Kino war am 8. Mai 2019 voll, als der Film Transilvania mea – Von Gewinnern und Verlierern lief. Die Vertreter des einladenden Nürnberger Kulturbeirates zugewanderter Deutscher waren froh über das Interesse an der Veranstaltung, das Publikum gespannt. Während des Films hörte man so manchen Lacher – allerdings nur bei Ausdrücken eines Rom der Sippe Gabor wie „prinţesa cu mă-sa“ oder derben Schimpfwörtern eines Schafzüchters, die der so selbstverständlich benutzt, dass sie als wütende Drohgebärde gegen vermeintliche Hinterlistigkeit seines Gegenübers fast schon drollig daherkommen. Die restlichen Emotionen des Publikums führten, wie eine Zuschauerin bei der anschließenden Diskussion treffend zusammenfasst, zunächst zu Sprachlosigkeit! Die Schafzüchter in den Karpaten und Bergleute im Schiltal waren uns früher nicht wirklich, aber doch irgendwie bekannt. Vorstellbar ist auch, wie einst durch Stehlen und Verkauf von Schafen aus Herden Parteifunktionäre große Häuser bauen konnten. So erzählt es ein Schafzüchter, dem es zwar selbst auch heute gut geht, dessen Kinder aber ihre Zukunft im Ausland sehen. Die großen stinkenden Müllhalden in der Nähe von Klausenburg jedoch, auf denen Menschen spärliches Geld mit Durchwühlen und Bergen einiger wiederverwertbarer Produkte verdienen, das dürfte für viele Zuschauer neu gewesen sein. Auch, dass im Schiltal junge Männer auf Bergen nach Kohle buddeln, um pro Sack, den sie durch die Wälder schleppen müssen, 3 € zu verdienen. So ein 24-Jähriger behauptet: „Die Rentner sind die Gewinner!“ Das berührt, auch durch das gründliche Eintauchen in den Alltag dieser in Siebenbürgen am Rande der Gesellschaft lebenden Menschen.

Sabine Eisenburger vom Radio Z, gebürtige Kronstädterin, in Erlangen lebend, eröffnete die Diskussion mit der Frage an den anwesenden Regisseur, wessen Siebenbürgen er mit Transilvania mea meine. Fabian Daub sagte, dass er das Transilvanien der dortigen Leute, die ihn so berührt hätten, meine, ein Mikrokosmos, der auch den Zuschauern des Films in São Paulo/Brasilien 2018 nicht fremd war, weil es erschreckende Parallelen gibt, vor allem die Müllkippen. Als Eisenburger die Migrationsströme erwähnte und die vielen Kinder, die in Rumänien ohne Eltern aufwachsen, weil die in Westeuropa zum Geldverdienen weilen, sagte der Regisseur, dass dieser Missstand, der z.B. auch in Bulgarien bestehe, europäisch gelöst werden müsse. In der Diskussion wurde auch klar, dass die Verantwortlichen in der Regierung Rumäniens kein Interesse an der Problematik haben, worauf die in der Diaspora lebenden Rumänen erwähnt wurden, deren Rolle wichtig sei, um z.B. auch bei Wahlen in Rumänien und in der EU von Deutschland aus Einfluss zu nehmen. Warum neben einem Investor in ein Skigebiet, also einem Gewinner, nicht näher auf die jüngeren Rumänen eingegangen wurde, die gezielt im Land bleiben und es weiterentwickeln wollen, antwortete Daub, dass „ein nur kurzes Anreißen dessen nicht stimmig“ wäre. Es wäre seiner Meinung nach einen ganzen Film wert.

Der Film geht sehr einfühlsam auf die gezeigten Menschen ein und will den Zuschauer betroffen machen, was ihm auch gelingt. In Gesprächen nach der Diskussion gaben z.B. einige Gäste zu, das Ausmaß der Müllkippen so nicht gekannt zu haben, und der Gedanke, dass auch unser (Plastik-)Müll irgendwo auf Kippen landet, auf denen Menschen notbedingt wühlen müssen, erschreckend sei. Danke Fabian Daub und Nürnberger Kulturbeirat zugewanderter Deutscher für diese Einsichten und Anregung zum globalen Denken.

Doris Hutter

Informationen Transilvania mea 8. Mai 2019

zurück